Vom Verwalter zum Veränderer: Die kritische Konsolidierungsphase meistern

Nach den ersten Jahren entscheidet sich: Gehört der Externe dazu oder bleibt er Fremdkörper? Erfahren Sie, wie die Transformation zum aktiven Gestalter gelingt und welche Fehler Sie vermeiden müssen.

Dr. Markus Dirr

3 min lesen

Nach ein bis drei Jahren im Familienunternehmen zeigt sich: Entweder der Externe gehört dazu – oder er bleibt für immer Fremdkörper. Diese Konsolidierungsphase markiert den Übergang von der vorsichtigen Beobachtung zur aktiven Gestaltung und ist entscheidend für den langfristigen Erfolg externer Geschäftsführer in Familienunternehmen.

Frank Beyer, Geschäftsführer einer HR-Unternehmensberatung mit Fokus auf Unternehmensnachfolge, beschreibt in seinem Beitrag „Von der Randfigur zum Retter? Wie sich die Rolle externer Geschäftsführer in Familienunternehmen im Zeitverlauf verändert" aus dem Buch „Lebenswerk mit Zukunft", wie externe Führungskräfte diese kritische Phase erfolgreich meistern können.

Der Wendepunkt: Von der Beobachtung zur Gestaltung

Der externe Geschäftsführer hat die wichtigsten Stakeholder kennengelernt, die Prozesse verstanden und sich einen gewissen Ruf im Unternehmen erarbeitet. Nun beginnt die Phase aktiverer Gestaltung. In dieser Zeitspanne entstehen oftmals erste relevante Weichenstellungen: Restrukturierungen, Digitalisierungsprojekte oder strategische Neuausrichtungen werden initiiert, sofern diese nicht zuvor durch wirtschaftliche Zwänge oder strategische Überlegungen seitens der Gesellschafter bereits getriggert waren.

Die Familie erwartet sichtbare Ergebnisse, während sie gleichzeitig noch eine gewisse Kontrolle behalten will. Der Geschäftsführer befindet sich in einem Spannungsfeld: Einerseits soll er modernisieren und das Unternehmen weiterentwickeln, andererseits muss er familiäre Werte und Traditionen wahren. Seine Rolle ähnelt der eines Brückenbauers, der zwischen Vergangenheit und Zukunft vermittelt.

Erwartungsmanagement als Schlüssel zum Erfolg

Besonders relevant ist in dieser Phase das Erwartungsmanagement. Konflikte über Zielvorstellungen, Tempo von Veränderungen oder Personalentscheidungen treten häufiger auf. Wird der Externe in dieser Phase nicht als kulturell passender Repräsentant akzeptiert, kann seine Rolle auf rein administrative Tätigkeiten reduziert werden – oft mit der Folge seines baldigen Ausscheidens.

Eine weitere Herausforderung in dieser Phase ist die emotionale Nähe zur Familie: Der externe Geschäftsführer muss eine Balance finden zwischen professioneller Distanz und persönlicher Verbundenheit. Zu große Nähe kann zu Interessenkonflikten führen; zu große Distanz wiederum wird schnell als fehlende Loyalität interpretiert. Coaching, Supervision oder begleitende Governance-Strukturen können hier entlastend wirken.

Erfolgsstrategien für die Konsolidierungsphase

Erfolgreiche externe Geschäftsführer setzen in dieser Phase auf folgende Strategien:

  • Schrittweise Veränderungen einführen: Beginnen Sie mit sichtbaren, aber nicht existenzbedrohenden Verbesserungen, die schnelle Erfolge zeigen

  • Familienrat einbeziehen: Kommunizieren Sie Ihre Vorhaben frühzeitig und holen Sie aktiv Feedback ein

  • Symbolische Gesten setzen: Wahren Sie wichtige Traditionen, während Sie gleichzeitig neue Impulse setzen

  • Transparenz über Ergebnisse: Dokumentieren Sie Erfolge klar und kommunizieren Sie diese maßvoll

  • Netzwerk pflegen: Bauen Sie Ihre Beziehungen zu Schlüsselpersonen kontinuierlich aus

Typische Fallstricke vermeiden

Die Praxis zeigt verschiedene Fehler, die in der Konsolidierungsphase zum Scheitern führen können. Ein zu forsches Auftreten ohne Rücksicht auf gewachsene Strukturen führt zu massivem Widerstand. Ebenso problematisch ist eine zu passive Haltung, die keine klare Richtung vorgibt und Chancen zur Gestaltung verstreichen lässt.

Mangelnde Kommunikation über Veränderungsvorhaben erzeugt Unsicherheit und Misstrauen in der Belegschaft. Fehlende Einbindung der Familie in strategische Entscheidungen wird als Missachtung ihrer Werte interpretiert. Und unterschätzen Sie nicht die Macht informeller Strukturen – wer die unsichtbaren Machtverhältnisse ignoriert, wird scheitern.

Der Übergang zur Etablierung

Nach erfolgreicher Bewältigung der Konsolidierungsphase etabliert sich der externe Geschäftsführer als fester Bestandteil der Unternehmensführung. Die Familie beginnt, ihm mehr Vertrauen und Gestaltungsfreiraum zu geben. Strategische Entscheidungen werden zunehmend gemeinsam getroffen, operative Verantwortung liegt klar beim Externen.

In dieser Phase wird der externe Geschäftsführer vom notwendigen Übel zum geschätzten Partner. Die anfängliche Skepsis weicht einer Anerkennung seiner Leistungen und seines Beitrags zur Unternehmensentwicklung. Die Weichen für eine langfristige, erfolgreiche Zusammenarbeit sind gestellt.

Die richtige Balance finden

Die Kunst der Konsolidierungsphase besteht darin, die richtige Balance zu finden zwischen Respekt für das Bestehende und notwendiger Veränderung, zwischen professioneller Distanz und persönlicher Verbundenheit, zwischen Eigenständigkeit und Einbindung der Familie. Wer diese Balance meistert, legt den Grundstein für eine erfolgreiche langfristige Zusammenarbeit.

Den vollständigen Originalbeitrag von Frank Beyer findest du im Buch „Lebenswerk mit Zukunft" und einen kostenlosen Auszug findest du unter www.Lebenswerk-mit-Zukunft.de

Was „Lebenswerk mit Zukunft" einzigartig macht: Das Buch vereint 14 externe Experten, die zusammen über 300 Jahre Praxiserfahrung in der Begleitung von Familienunternehmen mitbringen. Frank Beyer hat in über 30 Jahren mehr als 500 Führungspositionen vom Mittelstand bis zum DAX-Konzern besetzt und kennt die typischen Stolpersteine und Erfolgsfaktoren. Jedes Kapitel endet mit konkreten Handlungsempfehlungen und Checklisten – für sofort umsetzbare Impulse in Ihrer eigenen Situation.

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