Sinnorientierte Führung: Warum Familienunternehmen Menschen wirklich binden
Erfolgreiche Nachfolge beginnt mit dem Warum. Erfahren Sie, wie sinnorientierte Führung nach Simon Sinek Mitarbeiter bindet und Familienunternehmen zukunftsfähig macht.
Dr. Markus Dirr
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In einer zunehmend instabilen Welt mit instabilen Lieferketten und sich akkumulierenden Machtkonzentrationen durch Digitalisierung und Plattformen stehen Familienunternehmen vor besonderen Herausforderungen. Während für globale Tech-Konzerne das einzelne kleine Familienunternehmen von untergeordneter Relevanz ist, besitzen gerade diese Unternehmen einen einzigartigen Vorteil: Sie können Sinn über Generationen weitergeben.
Prof. Dr. Markus Grottke, Experte für Nachfolge, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und KI in Familienunternehmen, zeigt in seinem Beitrag „Führung, Werte, Wandel: Wie Familienunternehmen im Rahmen der Nachfolge das Leadership-Modell für sich neu erfinden müssen" aus dem Buch „Lebenswerk mit Zukunft", wie eine gelingende Nachfolge durch sinnorientierte Führung möglich wird.
Die drei Dimensionen erfolgreicher Nachfolge nach Simon Sinek
Bei den Ausführungen zur gelingenden Nachfolge folgt Prof. Grottke dem Ansatz von Simon Sinek, in die drei Dimensionen des Warum, des Wie und des Was zu unterscheiden. Der Hintergrund ist klar: Es gilt, Menschen zu gewinnen und zu halten, denn sie werden es sein, die über Wohl und Wehe des Familienunternehmens entscheiden, indem sie bereit sind, Extrameilen zu gehen.
Das Warum: Der Unternehmenssinn als Fundament
Jedes Familienunternehmen hat ohne Ausnahme sein Warum – seinen spezifischen Sinn und Zweck. Dieser ergibt sich zunächst historisch aus der Abfolge von Aktionen und Wirkungen des Unternehmens als Nukleus von Unternehmensinhabenden, Kunden, Lieferanten und weiteren Stakeholdern. In der Regel ist dieser Sinn auch stark in der jeweiligen Region verwurzelt.
Nachfolge beinhaltet hier, sich genau darüber Rechenschaft abzulegen – das heißt herauszufinden, welche Personen welchen Sinn bislang in dem Unternehmen sahen und inwiefern diese Sinnpotentiale des Unternehmens auch dem potentiellen Nachfolger entsprechen. Nachfolge bedeutet aber zugleich auch Erneuerung – die Chance, verkrustete unvorteilhafte Strukturen aufzubrechen und verbessern zu können.
Das Beispiel Steiff: Sinn schafft Bindung
Was damit gemeint ist, lässt sich beispielhaft am Familienunternehmen Steiff illustrieren. Die Gründerin dieses Unternehmens, Margarethe Steiff, verfolgte das Ziel, wenn schon nicht die eigenen Kinder, dann doch alle Kinder dieser Welt glücklich zu machen. Hieraus ergab sich direkt eine sinnstiftende Vision für ein weltweit agierendes Unternehmen.
Unter Führung wird dabei die gezielte Koordination von Mitarbeitenden auf diesen bestimmten Unternehmenssinn hin verstanden. Die Mitarbeitenden werden daraufhin koordiniert, zu dem Unternehmens-Sinn des Glücklichmachens aller Kinder dieser Welt mit Hilfe des Unternehmens beizutragen.
Vision gemeinsam mit Stakeholdern entwickeln
Aus all diesem ergibt sich ein erstes zukünftiges Warum, welches dann nach der Entscheidung für die Nachfolge in ersten Workshops gemeinsam mit den Stakeholdern des Unternehmens zu vertiefen ist. Ziel ist es, nicht allein eine Bindung an die Unternehmensvision durch den Nachfolger, sondern auch durch die anderen Stakeholder zu erzeugen.
Tatsächlich steckt hier ein Kern für die Unternehmensbindung auch in schwierigen Zeiten. Gerade in einer digitalen Welt sind wir in umfassende Netzwerke eingebunden – Netzwerke, in denen es gerade nicht so selbstverständlich ist, dass Stakeholder an Bord sind. Umso mehr es Nachfolgern gelingt, authentisch die Sinnhaftigkeit der Unternehmensvision zu leben und zu verkörpern, desto eher gelingt es auch, an das Unternehmen und seinen Unternehmenszweck nachhaltig zu binden.
Dem Sinn des Unternehmens nachspüren
In Anwendung des bekannten Johari-Fensters zur Erfassung von Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung ergibt sich zunächst die Aufgabe, dem Sinn des Unternehmens ganz praktisch nachzuspüren – das heißt herauszufinden, wie es um diesen bestellt ist. Diese Aufgabe erfordert:
Ehrliche Selbstreflexion: Welchen Sinn hat das Unternehmen historisch erfüllt?
Stakeholder-Perspektiven einholen: Welchen Sinn sehen Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten im Unternehmen?
Zukunftspotentiale identifizieren: Welche Sinnpotentiale erschließen sich für die nächste Generation?
Tradition und Innovation verbinden: Wie kann der historische Sinn in die Zukunft getragen werden?
Nachfolge als Chance zur Sinnerneuerung
Da Menschen sich zwar ähneln mögen, aber gerade in der Führung in exponierter Position immer auch individuelle Eigenschaften haben, bedeutet Nachfolge, dass die bisherige Unternehmensvision neu ausgedeutet wird. Getreu dem Verständnis von Viktor Frankl ergibt sich Sinn immer in Form einer einzigartigen Kombination aus Erfahrungen, Person und konkreten aktuellen Anforderungen. Für jeweils andere Personen erschließen sich folglich auch andere Sinnpotentiale.
Nachfolge bedeutet indes, dass gerade in Familienunternehmen Sinnpotentiale nicht von der Vergangenheit unabhängig zu sehen sind. Vielmehr sorgt gerade die im Unternehmen beziehungsweise in der Unternehmerfamilie angesammelte Erfahrung dafür, dass latent ein umfassendes Lösungspotential für verschiedenste Probleme angesammelt ist, welches nur einer Umsetzung bedarf, wenn denn die Zeit dafür gekommen ist.
Darum gilt hier immer: Zukunft besteht aus einer Tradition heraus. Innovationen weisen immer einen Anteil auf, der auch eine Fortführung des vorher bestehenden Familienunternehmens bedeutet. Es handelt sich schließlich nicht um ein Unternehmen auf der grünen Wiese, sondern um ein gestandenes langjähriges Familienunternehmen.
Den vollständigen Originalbeitrag von Prof. Dr. Markus Grottke findest du im Buch „Lebenswerk mit Zukunft" und einen kostenlosen Auszug findest du unter www.Lebenswerk-mit-Zukunft.de
Was „Lebenswerk mit Zukunft" besonders macht: Prof. Dr. Markus Grottke verbindet als habilitierter Wissenschaftler den kritischen wissenschaftlichen Blick mit praktischer Erfahrung aus über fünfzehn Jahren Forschung zu Mittelstand und Familienunternehmen. Als Co-Autor des Standardwerks „Digitalisierung und künstliche Intelligenz in Familienunternehmen" bringt er fundiertes Wissen über sinnorientierte Führung in der digitalen Transformation ein. Das Buch vereint wissenschaftliche Fundierung mit konkreten, sofort umsetzbaren Handlungsempfehlungen.
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