Externe Geschäftsführer: So gelingt der Vertrauensaufbau in den ersten Monaten
Die ersten Monate entscheiden über Erfolg oder Scheitern externer Geschäftsführer. Erfahren Sie, wie der Cultural Fit gelingt und wie Sie das unsichtbare Regelwerk entschlüsseln.
Dr. Markus Dirr
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Familienunternehmen zeichnen sich durch eine enge Verbindung von Eigentum, Kontrolle und oftmals auch emotionaler Bindung der Unternehmerfamilie an das Unternehmen aus. In diesem Kontext hatte die Rolle externer Geschäftsführer lange Zeit den Charakter einer Randfigur: Sie wurden als notwendiges Mittel zur Überbrückung oder Entlastung angesehen, jedoch häufig nicht als gleichwertige Partner akzeptiert. Diese Zeiten sind vorbei.
Frank Beyer, Geschäftsführer einer HR-Unternehmensberatung mit Fokus auf Unternehmensnachfolge, zeigt in seinem Beitrag „Von der Randfigur zum Retter? Wie sich die Rolle externer Geschäftsführer in Familienunternehmen im Zeitverlauf verändert" aus dem Buch „Lebenswerk mit Zukunft", wie externe Führungspersönlichkeiten heute eine deutlich zentralere Rolle einnehmen. Heute entscheiden externe Geschäftsführer über die Zukunft ganzer Unternehmensdynastien.
Der zunehmende Wettbewerbsdruck, komplexer werdende Märkte, eine wachsende regulatorische Dichte sowie der Bedarf an professioneller Unternehmensführung haben dazu geführt, dass externe Führungspersönlichkeiten heute unverzichtbar sind. Zugleich nimmt auch die Erwartungshaltung der Eigentümerfamilien zu: Der externe Geschäftsführer soll nicht nur verwalten, sondern das Unternehmen weiterentwickeln oder gar transformieren – und dabei gleichzeitig sensibel mit der unternehmenseigenen Kultur umgehen.
Die Einstiegsphase: Vertrauensaufbau und kulturelles Verstehen
In den ersten Monaten nach Eintritt in das Unternehmen ist der externe Geschäftsführer hauptsächlich mit dem Aufbau von Vertrauen beschäftigt. Die Eigentümerfamilie begegnet ihm häufig mit Zurückhaltung – nicht selten ist seine Einstellung mit latenter Skepsis verbunden. In dieser Phase agiert der Externe primär als Beobachter und Kommunikator. Die Hauptaufgabe: das unsichtbare Regelwerk entschlüsseln.
Ein konsequentes Netzwerken und der Aufbau eigener informeller Beziehungen startet ebenso in dieser Phase. Zahlreiche Studien zeigen, dass die kulturelle Passung – der sogenannte Cultural Fit – eine entscheidende Rolle für das langfristige Gelingen dieser Beziehung spielt. Ein zu forsch auftretender Geschäftsführer kann genauso scheitern wie ein zu passiver, der keine Richtung vorgibt oder zu passiv in ersten Entscheidungsmomenten auftritt.
Konkrete Beispiele aus der Praxis belegen, dass ein schrittweiser Vertrauensaufbau, häufig durch symbolische Gesten, als wirksam angesehen wird:
Teilnahme bei familiären Anlässen: Zeigen Sie echtes Interesse an der Familie und ihren Traditionen
Transparente Kommunikation: Informieren Sie frühzeitig und umfassend über Ihre Vorhaben und Gedanken
Respekt gegenüber langjährigen Mitarbeitern: Wertschätzen Sie das Wissen und die Erfahrung der Belegschaft
Operative Eingriffe mit Vorsicht
Operative Eingriffe erfolgen in dieser Phase meist mit großer Vorsicht. In der Regel ist der Einfluss des Externen begrenzt, strategische Entscheidungen werden weiterhin von der Familie oder einem Beirat initiiert beziehungsweise dominiert. Dennoch wird bereits erwartet, dass er erste organisatorische Verbesserungen anstoßen kann beziehungsweise erste „Duftmarken" setzt – etwa durch Prozessanalysen, erste Effizienzgewinne oder Personalentscheidungen mit Signalwirkung.
Häufig müssen sich externe Geschäftsführer in dieser Phase auch gegen Vorbehalte in der Belegschaft behaupten. Diese ist nicht selten durch langjährige Loyalität zur Familie geprägt und reagiert kritisch auf externe Impulse. Hier ist hohe Kommunikationskompetenz gefragt: Der Geschäftsführer muss Sicherheit vermitteln, ohne autoritär zu wirken, und Transparenz schaffen, ohne vertrauliche familiäre Themen preiszugeben.
Der externe Geschäftsführer als Mittler zwischen Systemen
Er wird zum Mittler zwischen Systemen: dem der Familie mit seinen persönlichen Loyalitäten und Werten, und dem der Ökonomie mit ihrer Orientierung an Effizienz, Wachstum und Rendite. Diese Ambivalenz prägt seinen Handlungsspielraum über alle Phasen hinweg.
Erfolgreiche externe Geschäftsführer verstehen ihre Rolle nicht als die eines „Besserwissers", der dem Familienunternehmen die „richtige" Richtung vorgibt, sondern als die eines Brückenbauers, der externe Impulse mit interner Tradition verbindet. Sie bringen ihre Expertise ein, ohne die gewachsene Identität des Unternehmens in Frage zu stellen.
Gleichzeitig werden sie nicht zu bloßen Erfüllungsgehilfen der Familie, sondern bewahren ihre unabhängige Perspektive – gerade darin liegt ihr besonderer Wert für das Unternehmen. Die Kunst besteht darin, diese Unabhängigkeit mit Respekt für die familiären Werte zu verbinden und so einen echten Mehrwert zu schaffen.
Erfolgsfaktoren für die Einstiegsphase
Die Erfahrungen erfolgreicher externer Führungskräfte zeigen folgende Faktoren als besonders erfolgskritisch:
Geduld und Respekt: Die Bereitschaft, zunächst zu verstehen, bevor man verändert
Emotionale Intelligenz: Ein feines Gespür für die unausgesprochenen Regeln und Tabus
Kulturelle Übersetzungsfähigkeit: Die Kompetenz, externe Konzepte mit der Unternehmenskultur zu verbinden
Authentizität: Eine klare eigene Haltung bei gleichzeitiger Offenheit für die Werte der Familie
Strategische Beziehungsarbeit: Der systematische Aufbau von Vertrauen zu Schlüsselpersonen
Den vollständigen Originalbeitrag von Frank Beyer findest du im Buch „Lebenswerk mit Zukunft" und einen kostenlosen Auszug findest du unter www.Lebenswerk-mit-Zukunft.de
Was „Lebenswerk mit Zukunft" besonders macht: Es ist das einzige Buch im deutschsprachigen Raum, das konsequent den externen Blick auf Familienunternehmen einnimmt. Frank Beyer bringt mit 33 Jahren Erfahrung im Executive Search und mehr als 10 Jahren im Business Coaching die Perspektive eines neutralen Vermittlers zwischen Inhaberfamilien und externen Geschäftsführern ein. Statt theoretischer Modelle erwarten Sie authentische Fallbeispiele aus mehr als 500 besetzten Führungspositionen sowie konkrete Handlungsempfehlungen für jede Phase Ihrer Integration.
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