Die richtige Beiratszusammensetzung: Wie Sie typische Fehler vermeiden und den perfekten Beirat aufbauen
Die Zusammensetzung entscheidet über Beirats-Erfolg. Erfahren Sie, welche Kompetenzen wichtig sind, welche Fallstricke lauern und wie Sie einen wirkungsvollen Beirat etablieren.
Dr. Markus Dirr
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Die Qualität eines Beirats steht und fällt mit seiner Zusammensetzung. Selbst die besten Strukturen und professionellsten Prozesse helfen wenig, wenn die falschen Menschen am Tisch sitzen. Doch wie findet man die richtige Mischung aus Kompetenzen, Persönlichkeiten und Perspektiven? Und welche typischen Fehler sollten Familienunternehmen bei der Besetzung ihres Beirats unbedingt vermeiden?
Dieser Beitrag basiert auf dem Kapitel "Beirat als Sparringspartner: Wie Geschäftsführung, Gesellschafter und Aufsichtsgremium effektiv zusammenarbeiten" von Ralph Jacoby aus dem Buch "Lebenswerk mit Zukunft". Als erfahrener Beirat und Aufsichtsrat in 15 Familienunternehmen unterschiedlichster Branchen kennt Ralph Jacoby die Erfolgsrezepte und Fallstricke aus erster Hand.
Die vier Säulen eines effektiven Beirats
Ein wirkungsvoller Beirat kombiniert vier zentrale Dimensionen, die sich gegenseitig ergänzen und verstärken:
Branchenkompetenz: Mindestens ein Mitglied sollte die Branche aus eigener unternehmerischer oder Führungserfahrung kennen. Diese Person versteht die spezifischen Herausforderungen, Marktdynamiken und Wettbewerbsmechanismen
Strategische Erfahrung: Personen mit Führungserfahrung aus anderen Branchen bringen wertvolle Außenperspektiven ein. Sie können Muster erkennen, die Insider übersehen, und Lösungsansätze aus anderen Industrien transferieren
Funktionale Expertise: Je nach Bedarf des Unternehmens – Finanzen, Digital, International, M&A, Marketing. Diese Spezialisten decken kritische Kompetenzlücken ab
Persönliche Chemie: Vertrauen und Respekt zwischen allen Beteiligten sind unabdingbar. Der beste Experte nützt nichts, wenn die Chemie nicht stimmt und offene Diskussionen unmöglich werden
Ralph Jacoby betont: Die Kombination aus Branchenkompetenz und branchenfremder strategischer Erfahrung ist besonders wertvoll. Sie ermöglicht sowohl fundierte Einschätzungen spezifischer Branchenthemen als auch innovative Impulse von außen.
Größe und Diversität: Die optimale Beiratsgröße
Für mittelständische Familienunternehmen hat sich eine Beiratsgröße von drei bis fünf Mitgliedern bewährt. Diese Größe ermöglicht: ausreichende Vielfalt an Perspektiven und Kompetenzen, effiziente Diskussionen ohne Abstimmungs-Marathon, persönliche Beziehungen zwischen allen Mitgliedern und überschaubare Kosten bei angemessener Vergütung.
Zu kleine Beiräte (nur zwei Mitglieder) riskieren Patt-Situationen und zu wenig Diversität. Zu große Beiräte (mehr als sechs Mitglieder) werden schwerfällig, teuer und neigen zu Fraktionsbildung. Die Gesellschafterkonstellationen, mit denen Ralph Jacoby gearbeitet hat, reichten vom Alleingesellschafter und Vorsitzenden der Geschäftsführung über mehrere Gesellschafter in einem Family Office bis hin zur Familie, die die junge Generation in das Gesellschaftergremium oder sogar in die Geschäftsführung berief.
Typische Fehler bei der Beiratsbesetzung
In der Praxis beobachtet Ralph Jacoby immer wieder dieselben Fehler, die die Wirksamkeit von Beiräten von Anfang an untergraben:
Freunde und Familie statt Kompetenz: Der Steuerberater, der Rechtsanwalt oder der Golffreund werden berufen – nicht wegen ihrer strategischen Kompetenz, sondern wegen persönlicher Beziehungen. Diese Beiräte nicken ab, statt kritisch zu hinterfragen
Nur Brancheninsider: Ein Beirat ausschließlich mit Branchenexperten verstärkt die Betriebsblindheit, statt sie aufzubrechen. Neue Perspektiven fehlen
Zu viele Generalisten: Wenn niemand wirkliche Tiefenkompetenz in kritischen Bereichen mitbringt, bleiben Diskussionen oberflächlich
Fehlende Unabhängigkeit: Beiratsmitglieder, die wirtschaftlich vom Unternehmen abhängig sind (z.B. wichtige Lieferanten oder Berater), können ihre Kontrollfunktion nicht neutral ausüben
Kein Generationenmix: Reine "Best Ager"-Beiräte übersehen oft digitale Trends und neue Geschäftsmodelle. Ein Mix aus Erfahrung und frischem Blick ist ideal
Der Prozess der Beiratsgewinnung: Worauf es ankommt
Die Suche nach den richtigen Beiratsmitgliedern sollte ebenso sorgfältig erfolgen wie die Besetzung von Führungspositionen. Erfolgreiche Unternehmen gehen dabei strukturiert vor: Definieren Sie zunächst klar, welche Kompetenzen der Beirat abdecken soll – basierend auf den strategischen Herausforderungen des Unternehmens. Nutzen Sie professionelle Netzwerke, Beiratsvermittler oder Executive-Search-Firmen für die Kandidatensuche. Führen Sie strukturierte Gespräche mit potenziellen Kandidaten über Erwartungen, Zeitaufwand und Vergütung. Prüfen Sie die persönliche Chemie in einem ersten gemeinsamen Termin mit Gesellschaftern und Geschäftsführung. Beginnen Sie mit einer Probezeit von ein bis zwei Jahren, bevor langfristige Verträge geschlossen werden.
Warnsignale für dysfunktionale Beiratsarbeit
Ralph Jacoby warnt vor klaren Warnsignalen, die auf Probleme in der Beiratsarbeit hindeuten:
Beirat als Abnick-Gremium missbrauchen: Wenn der Beirat nur noch bestätigt statt hinterfragt, verliert er seinen Wert
Zu späte Einbindung bei wichtigen Entscheidungen: Der Beirat erfährt von strategischen Weichenstellungen erst, wenn sie faktisch entschieden sind
Unklare Kompetenzen und Verantwortlichkeiten: Wenn niemand weiß, wer was entscheidet, entsteht Lähmung oder Chaos
Fehlende Wertschätzung der Beiratsarbeit: Wenn Beiratsmitglieder das Gefühl haben, ihre Zeit zu verschwenden, weil Empfehlungen ignoriert werden
Keine Nachverfolgung von Themen und Entscheidungen: Beschlüsse verpuffen ohne Umsetzung oder Feedback
Ein konkretes negatives Beispiel aus Ralph Jacobys Praxis: Spontane Einberufungen zu ungünstigen Zeiten ohne Vorbereitung, Vorstellung fertiger Entscheidungen statt Diskussion von Optionen, fehlende Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Beiratsmeinungen und strategische Entscheidungen am Beirat vorbei. Die Konsequenz: Frustration und letztlich Mandatsniederlegung.
Erfolgsbeispiele aus der Praxis
Die positive Seite zeigt sich in den messbaren Erfolgen: Die von Ralph Jacoby begleiteten Unternehmen – in Branchen wie Automotive, Mode, Software und IT, Bauchemie, Rohstoffgewinnung – haben über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren ein nachhaltiges qualitatives und quantitatives Wachstum angestrebt. Nahezu alle erreichten eine Verdoppelung des Umsatzes, etwa drei Viertel auch bei der Profitabilität.
Dies führt Ralph Jacoby nicht nur auf mittelstandstypisches Unternehmertum und klare strategische Fokussierung zurück, sondern explizit auch auf die effektive und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Beirat, Gesellschaftern und Geschäftsführung. Die richtige Zusammensetzung war dabei ein entscheidender Erfolgsfaktor.
Praktische Handlungsempfehlungen für die Beiratsbesetzung
Wenn Sie einen Beirat neu gründen oder umbesetzen möchten, beachten Sie folgende Schritte: Beginnen Sie klein – drei Mitglieder reichen für den Anfang. Starten Sie mit einem erfahrenen Beiratsvorsitzenden, der das Gremium aufbauen kann. Kombinieren Sie Branche und Außenperspektive von Anfang an. Achten Sie auf echte Unabhängigkeit – keine wirtschaftlichen Abhängigkeiten. Investieren Sie in die Qualität – gute Beiräte haben ihren Preis, aber er lohnt sich. Etablieren Sie von Anfang an professionelle Strukturen – auch ein kleiner Beirat braucht klare Prozesse.
Die richtige Zusammensetzung des Beirats ist keine einmalige Entscheidung, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Beiräte müssen sich mit dem Unternehmen weiterentwickeln – neue strategische Herausforderungen erfordern neue Kompetenzen im Gremium.
Den vollständigen Originalbeitrag von Ralph Jacoby findest du im Buch "Lebenswerk mit Zukunft" und einen kostenlosen Auszug findest du unter www.Lebenswerk-mit-Zukunft.de
Was dieses Buch besonders macht: "Lebenswerk mit Zukunft" vereint die Expertise von 14 externen Begleitern von Familienunternehmen. Ralph Jacoby bringt 20 Jahre Erfahrung in neun Beiräten und drei Aufsichtsräten ein – mit konkreten Erfolgsgeschichten und ehrlichen Einblicken in gescheiterte Ansätze. Authentische Praxis statt akademischer Theorie.
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