Die optimale Käuferstrategie beim Unternehmensverkauf - Systematisch statt zufällig verkaufen

Systematische Käufersuche statt Zufallstreffer: Philipp Degen erklärt, wie Sie die richtigen Käufer identifizieren, Preisflexibilität nutzen und Ihr Unternehmen erfolgreich verkaufen.

Dr. Markus Dirr

5 min lesen

Den richtigen Käufer zu finden, ist oft anspruchsvoller als die eigentliche Unternehmensbewertung. Zu wissen, wer wirklich zu Ihrem Unternehmen passt und wie flexibel Sie in der Preisgestaltung und Struktur sein können, ist erfolgs entscheidend. Viele Unternehmer unterschätzen die Bedeutung einer gezielten und systematischen Käufersuche und verlassen sich ausschließlich auf ihr persönliches Netzwerk – ein kostspieliger Fehler.

In seinem Beitrag „Der letzte Deal: Wie Unternehmer den Wert ihres Lebenswerks sichern" aus dem Buch „Lebenswerk mit Zukunft" zeigt Philipp Degen, M&A-Experte und Gründer von unternehmer-radio.de, wie Sie systematisch die passenden Käufer identifizieren und durch intelligente Verkaufsstrukturen Ihre Erfolgsaussichten maximieren.

Die Realität des Käufermarktes

Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen gibt es nicht unbegrenzt viele Käufer. Regionale Bindung und die Abhängigkeit vom Inhaber spielen eine große Rolle. Bei kleinen Unternehmen gibt es oft nur zwei bis vier ernsthafte Interessenten. Diese Ausgangslage erfordert eine durchdachte Strategie statt blindem Aktionismus.

Die wichtigste Erkenntnis: Versteifen Sie sich nicht zu früh auf einen „Wunschkäufer". Die Erfahrung zeigt, dass viele Unternehmer zu lange auf den einen perfekten Interessenten setzen und am Ende mit leeren Händen dastehen, wenn die Finanzierung scheitert oder die Chemie nicht stimmt. Eine systematische Mehrgleisigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg.

Die vier wesentlichen Käufergruppen

Grundsätzlich lassen sich vier wesentliche Käufergruppen unterscheiden, die jeweils unterschiedliche Anforderungen und Finanzierungsmöglichkeiten mitbringen.

MBI-Kandidaten (Management-Buy-In) sind Einzelpersonen, meist Führungskräfte aus verwandten Branchen, die erstmals Unternehmer werden möchten. Sie bringen operative Kompetenz und oft auch Branchenkenntnisse mit. Allerdings verfügen sie häufig über begrenzte finanzielle Mittel, was den Finanzierungsprozess erschweren kann. Banken sind bei MBIs besonders vorsichtig, da der Käufer erstmals unternehmerische Verantwortung übernimmt. Hier sind Verkäuferdarlehen oder Earn-Out-Modelle oft unverzichtbar.

Strategische Käufer sind Unternehmen, die gezielt andere Firmen übernehmen, um Synergien zu heben. Sie verfügen meist über ausreichend Eigenkapital und können schnellere Entscheidungen treffen. Der Vorteil: Sie sehen das Wertsteigerungspotenzial durch Synergien und sind oft bereit, höhere Preise zu zahlen. Der Nachteil: Sie haben klare Vorstellungen über Integration und Restrukturierung – Ihr Unternehmen wird Teil einer größeren Strategie.

Finanzinvestoren wie Private Equity Fonds suchen nach Unternehmen mit klarem Wachstumspotenzial. Sie bringen professionelles Management und Kapital mit, erwarten aber auch klare Exit-Strategien und Renditen. Für kleinere Unternehmen unter 30 Millionen Euro Umsatz sind sie meist nicht interessant, da der Aufwand für ihre standardisierten Prozesse zu hoch ist.

Wettbewerber kennen Ihre Branche am besten und können Synergiepotenziale realistisch einschätzen. Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Vertrauliche Informationen müssen geschützt werden, und nicht jeder vermeintliche Kaufinteressent hat ehrliche Absichten. Manche wollen nur Einblicke in Ihre Strategie und Kundenbasis gewinnen.

Preisflexibilität als Erfolgsfaktor

Ob Sie auf den Maximalpreis pochen oder bereit sind, mit einer flexiblen Preisgestaltung einen passenden Nachfolger zu gewinnen, entscheidet oft über den Verkaufserfolg. Große Unternehmen bringen meist ausreichend Eigenkapital mit und können schnelle Entscheidungen treffen. Bei MBI-Kandidaten wird die Finanzierung jedoch schnell zur größten Hürde, insbesondere dann, wenn Banken mit am Tisch sitzen und eine lange Prüfung durchlaufen.

Es lohnt sich, das Risiko für Käufer zu minimieren durch die Bereitschaft, beim Übergang flexibel zu agieren, Wissen zu übertragen und gegebenenfalls zeitweise noch unterstützend tätig zu sein. Diese Flexibilität erweitert Ihren Käuferkreis erheblich und kann paradoxerweise sogar zu besseren Gesamtkonditionen führen, weil mehr Wettbewerb entsteht.

Das Verkäuferdarlehen als Finanzierungsbaustein

Hier gewähren Sie dem Käufer einen Teil des Kaufpreises als Darlehen, das in Raten zurückgezahlt wird. Das klingt für viele Verkäufer zunächst abschreckend – doch in vielen Fällen ist es die einzige Option, wenn die Zahlungsfähigkeit des Käufers oder die Finanzierungslage begrenzt ist.

Oft wird sogar von der KfW oder Bürgschaftsbank ein Verkäufferdarlehen als Finanzierungsbaustein gefordert, um die Kontinuität und das Engagement des bisherigen Inhabers sicherzustellen. Ein Richtwert: Stellen Sie sich auf etwa 20 Prozent Verkäuferdarlehen vom Gesamtkaufpreis ein, manchmal auch mehr. Der Vorteil: Sie zeigen Vertrauen in Ihr Unternehmen und erhalten attraktive Zinsen. Der Nachteil: Ihr Kapital bleibt gebunden, und Sie tragen ein Ausfallrisiko.

Earn-Out-Modelle für Win-Win-Situationen

Sind noch bedeutende Abschlüsse oder Projekte offen, können Earn-Outs helfen, Preis und Risiko für beide Seiten fair zu gestalten. Sie erhalten einen Teil des Kaufpreises erst, wenn definierte Ziele nach dem Verkauf erreicht werden – zum Beispiel Umsatz-Ziele, Gewinn-Ziele, Kundenerhalt, erfolgreicher Wissenstransfer oder Produktentwicklungen.

Für den Käufer reduziert sich das Risiko, für Sie besteht die Chance auf einen Mehrerlös, wenn Ihre Prognosen eintreten. Wichtig ist die präzise Definition der Earn-Out-Kriterien und die Festlegung klarer Messmethoden. Unklare Vereinbarungen führen häufig zu Konflikten nach dem Verkauf, die die Beziehung zwischen Verkäufer und Käufer belasten und im schlimmsten Fall vor Gericht enden.

Die Bedeutung professioneller Unterlagen

Bereiten Sie für den Käufer und insbesondere für die Bank alle relevanten Unterlagen so professionell wie möglich auf: einen überzeugenden Businessplan, eine realistische Liquiditätsplanung, Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre, aktuelle BWA und Summen- und Saldenlisten des laufenden Jahres. Je weniger Rückfragen die Bank hat, desto schneller und sicherer gelingt die Finanzierung.

Diese Unterlagen sind Ihre Visitenkarte. Professionell aufbereitete Dokumente signalisieren, dass Ihr Unternehmen gut geführt ist und transparente Strukturen hat. Amateurhafte Excel-Listen oder unvollständige Informationen erwecken dagegen den Eindruck mangelnder Professionalität und führen zu endlosen Nachfragen, die den Prozess verzögern und Zweifel säen.

Parallel mehrere Interessenten führen

Für einen erfolgreichen Unternehmensverkauf ist es ideal, wenn sich mehrere Käufer gleichzeitig für Ihr Unternehmen interessieren. Das schafft nicht nur Wettbewerb und verbessert Ihre Verhandlungsposition, sondern bietet auch Alternativen, falls ein Interessent abspringt.

Ein typisches Szenario: Ein erster Interessent klopft an, die Verhandlungen beginnen und nach sechs Monaten stellt sich heraus, dass dem Käufer das nötige Eigenkapital fehlt oder die Bank die Finanzierung verweigert. Plötzlich stehen Sie wieder am Anfang, haben aber wertvolle Zeit und Verhandlungsmacht verloren. Mit mehreren Interessenten im Parallel-Prozess hätten Sie sofort Alternativen.

Die Rolle professioneller M&A-Berater

Die Vorstellung, professionelle Berater seien ein Luxus, den man sich sparen kann, ist einer der gefährlichsten Mythen. Ein Unternehmensverkauf ist ein hochkomplexer Prozess, bei dem Sie als Unternehmer in der Regel nur einmal im Leben agieren. Ihr Gegenüber tut dies jedoch tagtäglich.

Ohne erfahrene M&A-Experten an Ihrer Seite verhandeln Sie gegen Profis und riskieren durch taktische Fehler oder eine ungünstige Vertragsstruktur 20 bis 30 Prozent des möglichen Verkaufspreises zu verlieren. Gute Berater kennen den Markt, haben Zugang zu Käufern, die Sie nie finden würden, und wissen, welche Vertragsklauseln wirklich wichtig sind und welche nur Verhandlungsmasse darstellen.

Der Mythos vom höchsten Angebot

Der höchste gebotene Preis ist nicht zwangsläufig das beste Angebot. Hinter einem scheinbar lukrativen Gebot können sich komplexe Earn-Out-Strukturen mit unrealistischen Zielen, eine unsichere Finanzierungszusage oder langwierige Auszahlungspläne verbergen.

Ein Angebot, das auf den ersten Blick niedriger erscheint, aber sofort und vollständig ausgezahlt wird, kann unter dem Strich deutlich mehr wert sein und bietet vor allem Transaktionssicherheit. Rechnen Sie alle Angebote auf ihren Barwert um und berücksichtigen Sie die Ausfallrisiken bei gestaffelten Zahlungen.

Die optimale Käuferstrategie bedeutet also: systematische Mehrgleisigkeit statt Fixierung auf einen Wunschkäufer, realistische Einschätzung der verschiedenen Käufergruppen, Flexibilität bei Finanzierungsstrukturen und professionelle Unterstützung durch erfahrene M&A-Berater. Mit dieser Herangehensweise maximieren Sie nicht nur den Verkaufspreis, sondern auch die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Abschlusses.

Den vollständigen Originalbeitrag von Philipp Degen finden Sie im Buch „Lebenswerk mit Zukunft" und einen kostenlosen Auszug unter www.Lebenswerk-mit-Zukunft.de. Das Buch vereint die Expertise von 14 externen Begleitern von Familienunternehmen, die zusammen über 300 Jahre Praxiserfahrung mitbringen und authentische Einblicke in erfolgreiche und gescheiterte Nachfolgeprozesse teilen – ein objektiver Blick ohne familiäre Betriebsblindheit.

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